Über Kindesmisshandlung, Kindesmissbrauch und Selbstmitgefühl


Seit Beginn der Corona-Krise sind die Meldezahlen von Kindesmisshandlung und Missbrauch gesunken. Betroffene Kinder und Jugendliche suchen oft Hilfe im unmittelbaren Umfeld, was durch die aktuelle Situation nur erschwert, bis hin zu gar nicht möglich ist. Zeitungen berichten allerdings einen massiven Ansteig an Gewaltfällen, die die Ambulanzen in Baden-Württemberg aufsuchen. 

Über Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch

Mindestens einmal in der Woche habe ich noch immer Patienten, die mir von solchen Misshandlungen erzählen. Deshalb ist es mir wichtig, darauf auch aus aktuellem Anlass einzugehen.

Zum einen versteht man darunter ganz klar körperliche Misshandlungen wie Schläge, Ohrfeigen, sexuelle Ausbeutung, Hunger, eingesperrt oder anderswie 20672553 s Kindesmissbrauch2körperlich verletzt zu werden mit Gürteln, Messern odgl. Aber vor allem sind auch verbale Angriffe, Spott, Demütigungen, Angeschrien werden und Beschimpfungen eindeutig Formen der Misshandlung.

Sie verletzen grundsätzlich die Integrität und die Würde eines Kindes, auch wenn die Folgen nicht sofort sichtbar sind, denn ein Kind will überleben, kennt es nicht anders und steckt den Vorfall erst einmal scheinbar vergessend weg. 

Erst als Erwachsener wird das einst misshandelte Kind irgendwann damit beginnen, darunter zu leiden oder sogar andere darunter leiden zu lassen. Sie lernen sehr früh die Gewalt, zu beschönigen und zu rechtfertigen die sie dann häufig auch als Erwachsene anwenden werden. Sie behaupten dann wie ihre Eltern vor ihnen, diese Bestrafungen seien gerechtfertigt und geschähen aus Liebe. Sie erfahren Gewalt als Liebe und geben Gewalt als Liebe weiter.

103479742 s Kindesmissbrauch1Sie können nicht wissen oder begreifen, dass der einzige Grund für die Strafen, die sie erdulden mussten, darin liegt, dass ihre Eltern ebenfalls gewalttätig erzogen wurden sei es in ihren Familien oder durch die Gesellschaft in Form von Lehrern oder anderen Autoritätspersonen. 

Solche misshandelten Kinder leiden als Erwachsene häufig an schwer greifbaren Schuldgefühlen. Sie schlagen hilflos und blind ihre eigenen Kinder, wenn sie sich in die Enge gedrängt fühlen. Misshandelte Kinder können sich nicht von Ihren Eltern lösen.

Sie sind unendlich verwirrt, weil man ihnen erzählt, das sei Liebe und notwendig. Sie müssen einen Teil ihrer selbst abschalten, der fragen würde: warum darfst du schlagen und schreien - und ich nicht?

Es gibt gerade jetzt und an vielen Orten der Welt - auch hier in Deutschland - diese ignorante gesellschaftliche Haltung, die gnadenlose Bestrafung von Kindern zu rechtfertigen versucht. Hat ein Kind niemals hinterfragen dürfen, wie es behandelt wurde, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es seine Kinder ebenso behandelt und das tiefe damit verbundene Leid lebenslang weitergereicht wird.

Tragisch ist, dass eben genau solche Eltern dann als Täter keinerlei Verständnis erfahren, und so kann ihr Bewusstsein sich nicht wandeln. Ein Teufelskreis entsteht und immer wieder werden kleine Kinder in ihren ersten Lebensjahren geschlagen und bestraft, wenn sie ihre Welt zu erobern beginnen, versehentlich etwas dabei zerstören. Gerade in diesen ersten Jahren baut das menschliche Gehirn seine Struktur auf und sollte so erlernen, wie man als Erwachsener mit sich und anderen umgeht: liebevoll und freundlich und verständnisvoll. Niemals jedoch grausam, strafend, vernichtend, ablehnend oder hart bestrafend. So kann das Karussell nicht enden. 

 

Folgen von Kindesmissbrauch und Kindesmisshandlung

Kinder und Jugendliche, die körperliche und sexuelle Misshandlungen erfahren haben, weisen laut einer Studie der Cambridge University im Erwachsenenalter überdurchschnittlich häufig psychischen Auffälligkeiten auf. Generell konnten Studien zeigen, dass dies große Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden hat. Im Verleich zu anderen leiden diese Menschen häufiger an:

  • Alkohol-, Drogen- und Medikamentenmissbrauch
  • Essstörungen 
  • posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS)
  • Somatisierungsstörungen
  • Depressionen
  • Borderline-Störungen
  • suizidalem Denken und Verhalten
  • unbefriedigende sexuelle Beziehungen/ riskante sexuelle Verhaltensweisen

Quelle: Polusny MA, Follette VM: Long-term correlates of child sexual abuse: Theory and review of the empirical literature. Cambridge University Press: Applied & Preventive Psychology 1995; 4: 143–66.

Der helfende gütige Zeuge - ein Lösungsweglove 826936 640

Die Analytikerin Alice Miller (1923-2010) war genau bei diesem Thema Vorreiterin. In ihrem letzten Buch: "Dein gerettetes Leben" fasst sie die Erkenntnisse ihrer vorherigen Erfolgsbücher zu diesem Thema noch einmal zusammen. Es ist als einziges Ihrer Bücher auch als Audioverson erhältlich. 

Sie prägte den Begriff des "helfenden Zeugen". Gemeint ist damit jeder Mensch, der einem solchen geschundenen Kind mit offenem Ohr, offenem Herzen, Güte und Wärme begegnet und so einen Ausgleich schafft und der Güte im Innersten zu wachsen verhilft, so dass dieses Kind eines Tages genau damit einen Ausweg aus dem Teufelskreis finden kann, der in seiner Familie vielleicht schon seit Generationen herrscht. 

Dieser Mensch kann auch ein mitfühlender Therapeut sein, der dem einsamen geschundenen Kind zur Seite steht, ihm hilft, seine verschütteten Gefühle wiederzufinden, sie selbst mitfühlend anzunehmen und zu integrieren. Das braucht Zeit. Der Therapeut darf oft auch erst einmal dabei helfen, überhaupt herauszufinden, dass man diese verwirrenden Gefühle hatte und sie nicht merken sollte. (Mein Buchtipp hierzu auch von Alice Miller "Du sollst nicht merken").

EIn wundervolles Buch für all diejenigen, die sich selbst auf den Weg begeben wollen, den gütigen Zeugen in sich zu suchen und wachsen zu lassen ist das Buch von Stefanie Stahl: "Das Kind in Dir muss Heimat finden".

Kristin Neff hat mit "Selbstmitgefühl" ein sehr schönes Buch dazu veröffentlicht mit vielen praktischen kleinen Übungen geschrieben, das ich hier sehr empfehlen kann. 

Selbstmitgefühl zu erlernen ist, wenn man es erst einmal verstanden hat, gar nicht so schwer. Und gleichzeitig kann es das Schwerste überhaupt sein, diesen Weg für sich und ich sich zu beginnen, denn er beinhaltet, dass man seine schlimmsten Schmerzen umarmen lernen darf: aber nicht alle auf einmal. Und das weiss ich nicht theoretisch, sondern weil ich diesen Weg auch erst einmal in mir finden durfte.

 

Fotolia 7963537 XSIch begleite Sie sehr gerne geduldig, einfühlsam und liebevoll auf Ihrem Weg zu Ihrem eigenen heilenden Selbstmitgefühl!

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Heilpraktiker für Psychotherapie
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